Im Blickpunkt: Falk Hoffmann, der Olympiasieger im Wasserspringen 1980

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05.06.2024 "Aller guten Dinge sind DREI!", heißt es im Volksmund.

Und so wie es im Volksmund heißt, ist es mitunter beim Wasserspringen. Dreimal war der gebürtige Chemnitzer und Wahl-Mecklenburger Falk Hoffmann, Jahrgang 1952, bei Olympischen Spielen dabei - 1972 in München, 1976 in Montreal und 1980 in Moskau. Die Ergebnisse waren dabei stets herausragend: 1972 Platz sieben im Kunstspringen, Platz zehn vom Turm, 1976 Platz vier im Kunstspringen, Platz sechs vom Turm, 1980 wieder Platz vier im Kunstspringen - und dann bei seinem letzten olympischen Wettkampf, am 28.Juli 1980, GOLD vom Turm!

Nachgefragt bei Falk Hoffmann

Falk Hoffmann über Vergangenes und Kommendes im Wasserspringen

Olympia ist nach wie vor sportlich das Allergrößte!“

Frage: Vor 44 Jahren wurden Sie Olympiasieger vom Turm. Wie verlief der Wettkampf aus Ihrer Sicht? Das Kunstspringen hatte ja auch noch eine eigene Geschichte (Stichwort Sprungwiederholung von Alexander Portnow!)... Was waren für Sie neben dem Gold die besonderen Erinnerungen, die Sie an Moskau hegen?

Falk Hoffmann: Moskau waren meine dritten Spiele und es waren Olympische Spiele, an die ich sehr, sehr positive Erinnerungen habe. Die Organisation, die Unterkünfte, die kulturellen Angebote, die Stimmung und die Wettkampfstätten – alles war perfekt und nachhaltig. Dazu die herzliche Gastfreundschaft. Moskau war schon ein besonderer Höhepunkt, wobei Olympia, gleich wo und gleich wie, stets das Allergrößte für eine Sportlerin bzw. einen Sportler darstellen. Es ist der Höhepunkt eines sportlichen Lebens!

Wir waren für die Wettkämpfe sehr gut vorbereitet, hatten uns im Vorfeld in Ford Lauderdale vorbereitet und hatten auch Wettkämpfe gegen die Amerikaner, bei denen wir erfolgreich waren. Auch ich ging damals mit viel Zuversicht in die Wettkämpfe. Allerdings hatte ich mich – aufgrund einer langwierigen Verletzung – mehr auf den Wettkampf im Kunstspringen vorbereitet, wollte dort endlich eine olympische Medaille erringen.

Und dann gab es das Dilemma mit der Sprungwiederholung von Alexander Portnow vom sowjetischen Team. Dessen Sprung war missraten – er durfte, selbst zur eigenen Überraschung, wiederholen. Sein Trainer hatte protestiert, dass ihn ein Blitzlicht irritierte. Dem wurde stattgegeben und ich verpasste meine erhoffte Medaille knapp. Auf der Rückfahrt im Bus ins olympische Dorf hätte ich heulen können, ich war niedergeschlagen. Glücklicherweise lagen dann zum Wettkampf vom Turm zwei Tage, so dass ich mich fangen und mental gefestigt die abschließende Turm-Konkurrenz bestreiten konnte.

Das sowjetische Trio war für diese Konkurrenz favorisiert. Zwar hatte ich mich aufgrund meiner Verletzung nicht so sehr auf diese Entscheidung vorbereitet, rechnete mir jedoch dennoch etwas aus. Ich ging unbefangen in den Wettkampf und alle Sprünge gelangen optimal. Endlich hatte ich meine Medaille. Noch dazu aus Gold! Es war ein unbeschreibliches Glücksgefühl!

Frage: Bereits zwei Jahre zuvor, bei den WM im Westteil Berlins, machten Sie ja ähnliche Erfahrungen... (Sprungwiederholung Greg Louganis). Welche Erinnerungen verbinden Sie mit den 1978er WM?

Falk Hoffmann: Diese Sprungwiederholung war damals ein richtiger Betrug! Die Konkurrenz fand ja im Freiluft-Schwimmbecken am Olympiastadion statt. Das Wetter war sehr kalt und windig. Rund 40 Teilnehmer nahmen teil. Seinerzeit war es noch so, dass 50 Prozent der Punktzahl des Vorkampfes zur erreichten Final-Punktzahl dazu addiert wurden, der Vorkampf also ebenfalls sehr wichtig war.

Greg Louganis hatte einen verkorksten dreieinhalb Salto vorwärts gehechtet, der mit 3,5-4,5 Punkten von den Kampfrichtern bewertet wurde – was natürlich seine Aussichten auf WM-Gold oder eine WM-Medaille trübte. Der Hauptschiedsrichter war damals ein Amerikaner und der beschloss, weil das Wetter immer schlechter wurde, kurz vor Ende dieses Kürdurchgangs – nur drei bis vier Teilnehmer hatten ihre Sprünge noch zu absolvieren – nicht zu unterbrechen, wie es eigentlich üblich war, sondern den ganzen Durchgang mit allen Sprüngen wiederholen zu lassen.

So durfte auch Greg Louganis ein zweites Mal ran, erhielt für seinen Sprung 8-8,5 Kampfrichterwertungen… Ansonsten wäre er nur Vierter geworden, jetzt holte er Gold. Mir blieb zumindest Silber, aber der Wettkampf hatte dadurch ein gewisses „Geschmäckle“. Zwar protestierten die Teams aus Mexiko, der UdSSR und der DDR – aber ohne Erfolg!

Frage: Sie nahmen an drei Olympischen teil - 1972, 1976 und 1980. Unabhängig vom Erfolg - was zeichneten diese Spiele aus Ihrer subjektiven Sicht aus?

Falk Hoffmann: Wie erwähnt, Olympia ist stets der absolute Höhepunkt, das sportliche Nonplusultra., gleich wie gut oder schlecht die Organisation gewesen sein mag. München 1972 und Moskau 1980 waren organisatorisch gleichwertig, höchstes Niveau. Die Sportanlagen waren alle nachhaltig, werden heute noch intensiv genutzt und sind architektonisch eindrucksvoll. München litt allerdings unter dem Terror.

Wir hatten damals unser Quartier nur 15 Meter von den Ereignissen der Geiselnahme entfernt, mussten die Geschehnisse mit ansehen. Das belastete schon und setzte zu. Es war aber richtig, dass sich die Spiele dem Terror nicht beugten und nach einer Unterbrechung alle Wettkämpfe weiter gingen. Sehr gut war in München aber, dass es die rege Möglichkeiten gab, andere Entscheidungen zu besuchen. So war ich beim Turnen und bei der Leichtathletik.

Montreal hatte hingegen mit Finanzierungs- und Bau-Problemen zu kämpfen, es gab im Vorfeld viele Streiks. Einige Sportanlagen wurden nicht rechtzeitig fertig. Die Stadt musste jahrelang die Schulden abtragen. Dennoch: Auch Montreal bot organisatorisch, kulturell und sportlich Großartiges. Die Unterkünfte – in München und Moskau hatten wir Doppelzimmer – waren Massen-Unterkünfte. Wir mussten uns Wohneinheiten mit 12 Sportlern (zumeist anderer Sportarten) teilen.

So war ständig Unruhe und es war schon eine Herausforderung, sich somit gut auf die eigenen Wettkämpfe konzentrieren zu können. Wenn der eine spät abends oder in der Nacht vom Wettkampf oder der Dopingkontrolle kam, musste der andere schon früh zum eigenen Wettbewerb.

Moskau brillierte mit einem wirklich sehr attraktiven olympischen Dorf und vielen kulturellen Angeboten. Gerade der Schwimm- und Wassersprung-Sportkomplex war herausragend.

So nebenbei: Für die Spiele 1968 in Mexico-City hatte ich mich auch qualifiziert, alle sportlichen Normen erfüllt. Ich war damals 15 Jahre… Der damals Verantwortliche im DDR-Wasserspringen – der gar nicht vom Wasserspringen kam – ließ einen engagierten Einsatz für mich vermissen. Angeblich konnte ich aus Kostengründen nicht mit. Fakt ist jedoch, dass er auf die Frage des NOK der DDR, ob ich denn auch Chancen zumindest auf Platz acht hätte, antwortete, dass er das nicht sagen könne, ich sei ja noch sehr jung…

Als ich nicht nominiert wurde, brach für mich eine Welt zusammen. Ich wollte mit dem Wasserspringen aufhören und nur noch Fußball beim Halleschen FC spielen, zu dem ich delegiert werden sollte… Es kam aber anders!

Frage: Von 2013 bis 2017 waren Sie Olympiastützpunkt-Trainer in Rostock, sind heute immer noch ehrenamtlich für den WSC Rostock tätig. Wie beurteilen Sie die Zukunft des Wassersprung-Standortes Rostock?

Falk Hoffmann: In Rostock wird die Tradition gepflegt und hat das Wasserspringen einen hohen Stellenwert. Im Bereich der Talente-Förderung und Talente-Sichtung ist Rostock der beste Stützpunkt im Wasserspringen in Deutschland. Das Team von Landestrainerin Simone Pietsch leistet wirklich Vorbildliches. Es ist heute nicht einfach, Talente zu sichten und zu finden. Aber Rostock kann auf eine große Geschichte des Wasserspringens zurückgreifen und hat sehr kompetente und engagierte Trainerinnen und Trainer. In Rostock wird das Wasserspringen gelebt!

Und die nationalen und internationalen Erfolge gerade im Nachwuchsbereich bestätigen die engagierte Arbeit. Im Dezember diesen Jahres feiert der WSC sein 25jähriges Jubiläum und kann somit auf eine tolle Entwicklung von jungen Sportlern im Wasserspringen zurückblicken.

Letzte Frage: Eine Olympia-Hoffnung aus Rostock für Paris ist insbesondere Jette Müller. Wie beurteilen Sie Jettes Entwicklung?

Falk Hoffmann: Jette zeigt eine tolle Entwicklung, ihr Talent und ihr Fleiß sind bemerkenswert. Sie hat eine vielversprechende Zukunft vor sich und könnte in Paris eine sehr gute Rolle spielen. Im Synchronspringen traue ich ihr und Lena Hentschel – wenn alles wirklich super läuft – durchaus eine Medaille zu. Das Finale sollten sowohl im Synchron-Wettkampf als auch in der Einzel-Konkurrenz möglich sein. Aber: Nicht zu viel Druck aufbauen, Jette ist jung und hat sicher noch einige Erfolge vor sich!

Vielen Dank und weiterhin maximale Erfolge!

Anmerkung: Falk Hoffmann spielte noch bis 2013 für die Traditionsmannschaft des Halleschen FC, ist aktiver Tennisspieler beim TC Blau-Weiß Warnemünde und spielt erfolgreich in der ersten Liga seiner Altersklasse!

Informationen zu den erwähnten Olympischen Spielen und den dortigen Sportlern aus M-V unter

 Olympia 1968 https://www.stadtsportbund-schwerin.de/neuigkeiten/detail/hoehenluft-und-viele-ueberraschungen-vor-mehr-als-50-jahren-mexico-city-1968

 Olympia 1972 https://www.stadtsportbund-schwerin.de/neuigkeiten/detail/vor-fast-50-jahren-olympia-in-muenchen-und-die-mecklenburger-bzw-vorpommern

 Olympia 1976 https://www.stadtsportbund-schwerin.de/neuigkeiten/detail/sportgeschichte-olympia-historie-montreal-76

 Olympia 1980 https://www.stadtsportbund-schwerin.de/neuigkeiten/detail/olympische-ringe-zwischen-moskau-1980-und-peking-2022

Marko Michels

 

Beitrag von Stadtsportbund Schwerin e.V.

https://www.stadtsportbund-schwerin.de/neuigkeiten/detail/im-blickpunkt-falk-hoffmann-der-olympiasieger-im-wasserspringen-1980

 

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Foto: M.Michels - Leichtathlet Gillian Ladwig und Wasserspringerin Jette Müller. Von Falk Hoffmann gab es viel Lob für die ambitionierte Hanseatin!

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